Zufluss von nicht ausgezahlten Darlehenszinsen eines beherrschenden Gesellschafters

Einkommensteuer

Zu welchem Zeitpunkt gilt eine unbestrittene und eindeutige Forderung, die sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet, beim beherrschenden Gesellschafter als zugeflossen? Das Sächsische Finanzgericht musste sich dazu äußern.

Hubert ist 50%-iger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Er gewährte der Gesellschaft verzinsliche Darlehen mit Rangrücktrittsvereinbarung.

Die Zinsen wurden in den Jahresabschlüssen der Gesellschaft aufwandswirksam als Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter erfasst. Eine Auszahlung wurde für mehrere Jahre nicht vorgenommen.

Das Finanzamt berücksichtigte die Zinsen im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung bei Hubert als Einnahme jeweils im Veranlagungszeitraum der Passivierung.

Hiergegen wehrte er sich und gab im Rahmen einer Klage an, die GmbH wäre bilanziell überschuldet, weshalb er sich die Zinsen aus insolvenzrechtlichen Gründen nicht auszahlen lassen konnte. Die Auszahlung der Zinsen hätte zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft geführt.

Das Sächsische FG stellt fest:

Dem alleinigen oder jedenfalls beherrschenden Gesellschafter fließt eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen „seine” Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu. Ein beherrschender Gesellschafter hat es regelmäßig selbst in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen. Diese Zuflussregel gilt, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist und sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet.

So lange kein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Kapitalgesellschaft gestellt wurde, liegt keine Zahlungsunfähigkeit vor.

Hat der beherrschende Gesellschafter der Kapitalgesellschaft unter Vereinbarung eines Rangrücktritts ein Darlehen gegeben und sind die vereinbarten Darlehenszinsen bei der Kapitalgesellschaft gewinnmindernd als Verbindlichkeit bilanziert, aber jahrelang nicht ausgezahlt worden, so ist auch dann von einem Zufluss der Darlehenszinsen beim beherrschenden Gesellschafter auszugehen, wenn sich die Gesellschaft zwar in einer wirtschaftlichen Krise befunden hat, jedoch immer die Verbindlichkeiten der übrigen Gläubiger erfüllen konnte und wenn daher auch kein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt worden ist.

Die Fälligkeit der Darlehenszinsen wird durch einen vereinbarten Rangrücktritt nicht geändert, wenn der Rangrücktritt keine 

Stundungsabrede enthält, durch die die Fälligkeit der Forderung hinausgeschoben würde. Vielmehr wirkt sich der Rangrücktritt lediglich auf die insolvenzrechtliche Fälligkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO aus. Diese ist von der Fälligkeit nach § 271 BGB zu unterscheiden. Während die Fälligkeit im Zivilrecht den Zeitpunkt bezeichnet, zu dem der Schuldnerverzug und der Beginn der Verjährungsfrist eintreten, markiert die Fälligkeit im Insolvenzrecht die Schwelle des Übergangs von der Einzelvollstreckung zur Gesamtvollstreckung. Die Wirkung eines Rangrücktritts kommt erst im Stadium der Insolvenzreife der Gesellschaft zum Tragen.

Die Klage wurde abgewiesen. Die Zinsen waren im jeweiligen Veranlagungszeitraum der Passivierung zu berücksichtigen und führten bei Hubert zu Einkünften aus Kapitalvermögen.

Die Revision wurde zugelassen.

Fazit

Eine unbestrittene und eindeutige Forderung, die sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet, fließt einem beherrschenden Gesellschafter bereits mit deren Fälligkeit zu.

Dies gilt auch dann, wenn sich die Gesellschaft zwar in einer Krise befindet, ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens jedoch nicht gestellt wurde, weil die Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern noch erfüllt werden können.

Die Wirkung eines Rangrücktritts kommt erst im Stadium der Insolvenzreife der Gesellschaft zum Tagen.

Fundstelle

Sächsisches FG-Urteil v. 13.02.2025 - 4 K 545/22

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