Mit Schreiben vom 31.03.2025 hat das BMF umfassend Stellung zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Direktverbrauchs aus dem Betrieb von Energieerzeugungsanlagen genommen. Im Zentrum stehen die Klarstellungen zur Abgrenzung von steuerbaren Lieferungen bei dezentral erzeugtem und verbrauchtem Strom sowie die Auswirkungen auf Photovoltaik- und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK). Diese Ausführungen basieren wesentlich auf der jüngeren BFH-Rechtsprechung und führen zu signifikanten Änderungen im UStAE.
Hintergrund
In den vergangenen Jahren kam es zu vermehrten Streitfragen über die umsatzsteuerliche Behandlung von Strom, der zwar erzeugt, aber nicht physisch in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird. Insbesondere die Behandlung von sogenannten Direktverbräuchen sowie von KWK-Zuschlägen war unklar. Der BFH hat diese Problematik in mehreren Urteilen aufgegriffen und präzisiert. Das BMF setzt diese Rechtsprechung nun um und ändert gleichzeitig zahlreiche Passagen des UStAE.
Rechtsprechung des BFH
Kern der BFH-Rechtsprechung ist, dass der Direktverbrauch von Strom, etwa in Kundenanlagen oder bei KWK-Anlagen, grundsätzlich keine steuerbare Lieferung darstellt, da keine Verfügungsmacht auf einen Dritten übertragen wird. Auch eine fiktive Rücklieferung, wie sie bisher teilweise angenommen wurde, lehnt der BFH ab. Die Zahlung eines KWK-Zuschlags ist bei dezentralem Verbrauch kein Entgelt im umsatzsteuerlichen Sinne, sondern ein echter, nichtsteuerbarer Zuschuss. Gleiches gilt für bestimmte EEG-Prämien bei der Direktvermarktung.
Ergänzend entschied der BFH, dass bei der unentgeltlichen Entnahme von Wärme nicht der durchschnittliche Fernwärmepreis, sondern entweder ein fiktiver Einkaufspreis oder – wenn dieser nicht bestimmbar ist – die Selbstkosten als Bemessungsgrundlage heranzuziehen sind. Dabei ist eine Aufteilung der Gesamtkosten nach Marktwerten, nicht nach Energieeinheiten, vorzunehmen.
Beispiel:
Ein Betreiber installiert eine Photovoltaikanlage mit 5 kWp. 3.900 kWh werden eingespeist, der restliche Bedarf von 4.000 kWh wird
teils über Zukauf gedeckt. Mangels Nachweis wird die erzeugte Strommenge auf 5.000 kWh geschätzt. Die Differenz von 1.100 kWh gilt als dezentral verbraucht. Der Betreiber kann die Anlage vollständig seinem Unternehmen zuordnen, da mindestens 10 % unternehmerisch genutzt werden. Der Eigenverbrauch ist als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern, wobei der fiktive Einkaufspreis (hier: 21,01 Cent/kWh) angesetzt wird. Daraus ergibt sich eine steuerpflichtige Bemessungsgrundlage von rund 231,11 € und Umsatzsteuer i.H.v. ca. 43,91 €.
Fazit
Das BMF-Schreiben vom 31.03.2025 bringt nicht nur Klarheit hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung dezentral erzeugter und verbrauchter Energie, sondern setzt auch neue Maßstäbe bei der Abgrenzung von nichtsteuerbaren Zuschüssen und steuerbaren Lieferungen. Für Anlagenbetreiber, insbesondere im Bereich der KWK- und Photovoltaikanlagen, ergeben sich konkrete Handlungsbedarfe in Bezug auf Dokumentation, Vorsteuerabzug und die Berechnung unentgeltlicher Wertabgaben. Die Anwendung der Neuregelungen in allen offenen Fällen ab sofort sowie die Übergangsregelung bis zum 01.01.2026 geben Planungssicherheit – und zugleich den Anstoß, bestehende Strukturen umsatzsteuerlich zu überprüfen.