Selbstnutzung des Familienheims durch den Erblasser

Erbschaftsteuer

Kann die Steuerbefreiung für ein Familienheim auch dann greifen, wenn der Erblasser den Umzug fest geplant hatte, dieser aber aus zwingenden gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich war? Ein aktuelles Urteil gibt Antworten.

Die Steuerbefreiung für das Familienheim gehört zu den wichtigsten Vergünstigungen im Erbschaftsteuerrecht. Sie ermöglicht es, die Übertragung von Immobilien innerhalb der Familie steuerfrei zu gestalten – vorausgesetzt, bestimmte Bedingungen sind erfüllt.

Immer wieder sorgt die Frage für Streit, ob auch Wohnungen oder Häuser begünstigt sein können, die der Erblasser zwar besaß, aber nicht selbst bewohnt hat. Mit einem aktuellen Urteil hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg die Anforderungen an die Selbstnutzung erneut geschärft.

Der Sachverhalt

Der Kläger Paul erbte von seiner 2020 verstorbenen Mutter Berta zwei Immobilien:

  • eine Eigentumswohnung in der Schlossallee, die Berta bis zu ihrem Tod bewohnte, und
  • einen hälftigen Miteigentumsanteil an einer weiteren Wohnung in der Parkstraße, den Berta 2019 selbst durch Erbschaft erhalten hatte.

Berta hatte geplant, in die Wohnung in der Parkstraße umzuziehen. Aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit kam es jedoch nie dazu. Zwar besuchte sie die Wohnung gelegentlich und empfing dort Gäste, dauerhaft lebte sie jedoch weiterhin in der Schlossallee.

Paul beantragte die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG auch für die Wohnung in der Parkstraße. Seine Begründung: Diese sei als Familienheim zu behandeln, da der Umzug nur aus zwingenden gesundheitlichen Gründen unterblieben sei. Das Finanzamt lehnte ab – und bekam vor Gericht Recht

Die Entscheidung

Das Finanzgericht stellte klar: Der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG sei einschränkend auszulegen. Eine Wohnung kann nur dann als Familienheim begünstigt sein, wenn der Erblasser sie zu Lebzeiten tatsächlich selbst bewohnt hat. Eine bloße Absicht zum Einzug reicht nicht.

Auch zwingende gesundheitliche Gründe helfen nicht weiter, wenn es nie eine vorherige Selbstnutzung gab. Nur wenn der Erblasser zunächst im Haus oder in der Wohnung gelebt hat und erst später aus gesundheitlichen Gründen ausziehen musste, bleibt die Steuerbefreiung erhalten.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil verdeutlicht die enge Auslegung des Familienheim-Begriffs:

Tatsächliche Selbstnutzung ist Pflicht. Hat der Erblasser nie in der Immobilie gelebt, kann keine Steuerbefreiung beansprucht werden.

Gesundheitliche Hindernisse helfen nur, wenn es zuvor eine Eigennutzung gab. Ein geplanter, aber nie vollzogener Umzug reicht nicht aus.

Gestaltungshinweis

Bei mehreren Immobilien sollte rechtzeitig geprüft werden, welche Objekte steuerlich begünstigt sind. Eine klare Dokumentation der Selbstnutzung kann später entscheidend sein.

Fazit

Das Familienheim bleibt steuerfrei – aber nur, wenn der Erblasser tatsächlich dort gewohnt hat. Reine Umzugsabsichten oder gelegentliche Aufenthalte genügen nicht. Für die Praxis bedeutet das: Eine sorgfältige Abwägung und rechtzeitige Planung sind unverzichtbar, um die begehrte Steuerbefreiung zu sichern.

Fundstelle

Urteil des FG Berlin-Brandenburg, 19.12.2024, 14 K 14131/22, rkr, BeckRS 2024 42295

 

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