§ 22 Nr. 1a EStG umfasst Unterhaltsleistungen vom geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner. Diese können unter der Voraussetzung, dass der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt, bis zu 13.805 EUR jährlich als Sonderausgaben in Abzug gebracht werden. In gleicher Höhe entsteht die Steuerpflicht nach § 22 Nr. Nr. 1a EStG beim Empfänger.
Sachverhalt
Die Klägerin Erna und ihr mittlerweile geschiedener Ehemann Bert trennten sich im Jahr 2012. Vor dem Amtsgericht führten beide ein familienrechtliches Streitverfahren, das die Scheidung, den Versorgungsausgleich sowie den nachehelichen Unterhalt umfasste.
Im Jahr 2014 wurde die Ehe durch Beschluss des Amtsgerichts geschieden und Ernas früherer Ehemann verpflichtet, ab Rechtskraft der Entscheidung monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von 582,50 EUR zu leisten. Mit dem Ergebnis war Erna nicht einverstanden und hat dagegen Klage erhoben.
Vor dem Oberlandesgericht endete der Streit mit einem Vergleich, in dem sich Bert zur Zahlung eines höheren nachehelichen Unterhalts von 900 EUR monatlich verpflichtete. Die Kosten des Verfahrens sollten beide Seiten selbst zahlen. Erna entrichtete Gerichts- und Anwaltskosten im Jahr 2015.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2015 erklärte Erna sonstige Einkünfte in Höhe der erhaltenen Unterhaltszahlungen und machte die Prozessführungskosten (Gerichts- und Rechtsanwaltskosten), die auf den nachehelichen Unterhalt entfielen, steuermindernd geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung ab.
Prozessführungskosten nach Ansicht des FG Werbungskosten
Das FG hat der hiergegen erhobenen Klage stattgegeben. Es war der Ansicht, dass Erna die Prozessführungskosten aufgewendet hat, um zukünftig (höhere) steuerbare Einkünfte in Form von Unterhaltsleistungen zu erhalten. Daher stellen sie einkommensteuerrechtlich vorweggenommene Werbungskosten dar, so das FG.
Ergebnis des BFH
Der BFH sieht die Sache anders.
Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts sind privat veranlasst und stellen keine (vorweggenommenen) Werbungskosten bei späteren Unterhaltseinkünften im Sinne des § 22 Nr. 1a EStG dar.
Steuerrechtlich werden die Unterhaltszahlungen nur und erst dann relevant, wenn der Geber mit Zustimmung des Empfängers einen Antrag auf Sonderausgabenabzug stellt (sog. Realsplitting). Der Antrag überführt die privaten Unterhaltszahlungen rechtsgestaltend in den steuerrechtlich relevanten Bereich.
Die Umqualifizierung zu Sonderausgaben beim Geber und – korrespondierend - steuerbaren Einkünften beim Empfänger markiert die zeitliche Grenze für das Vorliegen abzugsfähiger Erwerbsaufwendungen. Zuvor verursachte Aufwendungen des Unterhaltsempfängers (im Streitfall in Form von Prozesskosten) können keine Werbungskosten darstellen.
Hinweis:
Der BFH hat über die Klage nicht abschließend entschieden, sondern die Sache an die Vorinstanz zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Das FG hatte keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die Prozesskosten gegebenenfalls als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden könnten.
Fazit:
Prozesskosten können als Werbungskosten abzugsfähig sein, wenn der Prozessgegenstand im Zusammenhang mit der Erwerbsspähre einer Einkunftsart steht. Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts sind privat veranlasst und stellen nach Ansicht des BFH keine (vorweggenommenen) Werbungskosten bei späteren Unterhaltseinkünften im Sinne des § 22 Nr. 1a EStG dar.