Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung eines Kfz ohne Gelangensbestätigung

Umsatzsteuer

Was gilt, wenn die Gelangensbestätigung für eine IG-Lieferung fehlt? Ein FG-Urteil zeigt, welche Nachweise trotzdem überzeugen können.

Voraussetzung einer umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung i. S. d. § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG ist u.a. dass der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG) und der Abnehmer – sofern er ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer oder juristische Person ist - gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet hat (§ 6a Abs. 1 Nr. 4 UStG). Die Voraussetzungen müssen gem. § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen sein.

Wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat, ergibt sich aus §§ 17a ff. UStDV. In Abholfällen wird dies regelmäßig durch eine Gelangensbestätigung i. S. d. § 17b Abs. 2 Nr. 2 UStDV erfolgen. Aus der Gesetzesformulierung, dass der durch die Gelangensbestätigung (§ 17b Abs. 2 Nr. 2 UStDV) oder durch die Alternativnachweise des § 17b Abs. 3 UStDV geführte Nachweis als eindeutig und leicht nachprüfbar gilt, folge nach Auffassung des Niedersächsischen FG, dass diese nur eine mögliche Form des Belegnachweises sind und es dem Unternehmer freisteht, den Belegnachweis mit allen geeigneten Belegen zu führen, aus deren Gesamtheit sich das Gelangen des Liefergegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet an den umsatzsteuerrechtlichen Abnehmer eindeutig und leicht nachprüfbar ergibt.

Kann der Unternehmer die Steuerfreiheit nicht in der vorstehend dargelegten Art und Weise belegmäßig nachweisen, ist er nach dem BFH grundsätzlich berechtigt, die Voraussetzungen der Steuerfreiheit objektiv nachzuweisen (BFH-Urteil vom 22.4.2015 XI R 43/11, BStBl II 2015, 755, Rn. 34 m. w. N.). Aufgrund der unionsrechtlichen Neutralität der Mehrwertsteuer ist die Steuerbefreiung auch dann zu gewähren, wenn der Steuerpflichtige zwar die formellen Anforderungen an den Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht oder nicht vollständig erfüllt, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung indes unbestreitbar feststehen.

Dem Niedersächsischen Finanzgericht genügten hierfür amtliche Auskünfte über die zeitnahe Zulassung der strittigen Fahrzeuge in den jeweils vereinbarten Bestimmungsländern, dass die betreffenden Liefergegenstände vom Abnehmer in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert wurden. 

Eine Zulassung in einem anderen Mitgliedsstaat reicht dagegen ebenso wenig wie die bloße Abmeldung des Fahrzeugs in Deutschland. Schließlich kann das Auto ja auch noch ausgeschlachtet und die Einzelteile verkauft worden sein.

Im Streitfall meinte der Kläger, dass das Finanzamt ermitteln möge, ob und ggf. wo einzelne strittige Fahrzeuge wieder zugelassen worden seien. Dies kommt jedoch nicht in Betracht. Die Finanzbehörden des Mitgliedstaats, in dem der Versand oder die Beförderung von Gegenständen im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung beginnt, sind nicht verpflichtet, die Behörden des vom Lieferanten angegebenen Bestimmungsmitgliedstaats um Auskunft zu ersuchen (EuGH, Urteil v. 27.9.2007 – C-184/05, BStBl. II 2009, 83; Abschn. 6a.2 Abs. 3 Satz 3 UStAE).

Die Vertrauensschutzregel nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG, nach der eine Lieferung als steuerfrei anzusehen ist, wenn der Unternehmer sie als steuerfrei behandelt hat, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, kommt nicht in Betracht, weil nach ständiger BFH-Rechtsprechung hierfür Voraussetzung ist, dass der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV formell vollständig nachgekommen ist (z . B. BFH, Urteil v. 15.7.2004 – V R 1/04, Rn. 50; Abschn. 6a.8 Abs. 1 Satz 3, 5 f. UStAE m.w.N. und Abschn. 6a.8 Abs. 5 Satz 2 UStAE). Denn zu den Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns gehört die Erfüllung des Beleg- und Buchnachweises (Abschn. 6a.8 Abs. 5 Satz 1 UStAE).

Fazit:

Als Nachweis einer umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung eines Pkw reicht auch der Nachweis über die Zulassung im Bestimmungsstaat. Das Finanzamt ist nicht zu eigenen Ermittlungen verpflichtet. Vertrauensschutz kommt erst dann in Betracht, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV formell vollständig nachgekommen ist.

Fundstelle

FG Niedersachsen (Urteil v. 13.05.2025 – 5 K 9/25)

zur Übersicht