Der Unternehmer Udo betrieb im Streitjahr 2019 einen Indoor-Spielplatz. Die Leistungen wurden ausschließlich an private Endverbraucher erbracht, abgerechnet wurde durch Kleinbetragsrechnungen (22.557 Registrierkassenbelege) mit gesondertem Steuerausweis nach dem Regelsteuersatz (20 %), obwohl (nach den Bestimmungen des österreichischen Rechts) der ermäßigte Steuersatz (13 %) zutreffend gewesen wäre.
Das Finanzamt ging davon aus, dass der gesamte ausgewiesene Betrag von Udo geschuldet wurde, teils für den Umsatz, teils wegen des (unrichtigen) Ausweises in den Rechnungen. Im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens sollte der Europäische Gerichtshof (EuGH) beantworten, ob der ausgewiesene Mehrbetrag ("unrichtiger Steuerausweis gem. § 14c Abs. 1 UStG" im Inland) überhaupt von Udo geschuldet wird oder ob für den Fall, dass er tatsächlich geschuldet wird, eine Berichtigung auch ohne Erteilung einer berichtigten Rechnung möglich wäre.
Entscheidung des EuGH: Das vorlegende Gericht hatte bereits festgestellt, dass eine Gefährdung des Steueraufkommens nicht gegeben sei. Für diesen Fall entschied der EuGH kurzerhand, dass der zu viel ausgewiesene Betrag nicht nach Art. 203 MwStSystRL (entspricht § 14c Abs. 1 UStG) geschuldet werde.
Art. 203 MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass ein Steuerpflichtiger, der eine Dienstleistung erbracht hat und in seiner Rechnung einen Mehrwertsteuerbetrag ausgewiesen hat, der auf der Grundlage eines falschen Steuersatzes berechnet wurde, nach dieser Bestimmung den zu Unrecht in Rechnung gestellten Teil der Mehrwertsteuer nicht schuldet, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt, weil diese Dienstleistung ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.
Da das deutsche Umsatzsteuergesetz in etwa dem österreichischen Umsatzsteuergesetz entspricht, ist das EuGH Urteil auch bei uns anwendbar. Bisher haben sich aber weder BFH, noch Finanzverwaltung dazu geäußert. Besonders wichtig ist, ob eine Leistung an einen Unternehmer gewollt war oder zumindest möglich war. Da dieses in vielen Fällen nicht ganz auszuschließen ist, dass die Leistung auch (unwissentlich) an Unternehmer erbracht wird, sollten leistende Unternehmer erst einmal grundsätzlich weiterhin von der Anwendung des § 14c UStG in allen Fällen ausgehen. Zur Abwehrberatung kann dann das EuGH-Urteil herangezogen werden.