Freibeträge bei Zusammentreffen mehrerer Nacherbschaften

Erbschaftsteuer

Dem Nacherben steht selbst bei mehreren Nacherbschaften insgesamt nur ein Freibetrag zu.

In § 6 ErbStG ist die Besteuerung bei Vor- und Nacherbschaft geregelt. Erbschaftsteuerrechtlich gilt der Anfall der Nacherbschaft grundsätzlich als Erwerb vom Vorerben. Auf Antrag kann der Nacherbe sein Verhältnis zum Erblasser für die Besteuerung zugrunde legen.

Im vorliegenden Fall war streitig, ob der persönliche Freibetrag mehrfach zu gewähren ist, wenn mehrere Erblasser denselben Vorerben und denselben Nacherben einsetzen. Denn bei zwei Erblassern liegen auch zwei jeweils selbstständige Nacherbschaften vor.

Sachverhalt

1966 verstarb zunächst der Großvater, dann im Jahr 1992 die Großmutter. Die Großeltern hatten jeweils die Tante der Klägerin als Vorerbin und auf den Tod der Tante die Klägerin als Nacherben eingesetzt.

Die Klägerin war der Ansicht, ihr stehe der Freibetrag zweimal zu. Ein Freibetrag als Nacherbe des Großvaters und ein weiterer Freibetrag als Nacherbe der Großmutter.

Nach Ansicht des BFH steht dem Nacherben auch bei mehreren Nacherbschaften nur ein Freibetrag zu.

Stirbt der Vorerbe, hier: die Tante, liegen zivilrechtlich zwei Erbfälle beim Nacherben vor. Zivilrechtlich erwirbt der Nacherbe das zur Nacherbschaft gehörende Vermögen direkt vom Erblasser. Das eigene Vermögen des Vorerben geht daneben ebenfalls auf den Nacherben über. Damit liegen zivilrechtlich zwei Erbfälle vor.

Dem folgt das Erbschaftsteuerrecht nicht. Danach erbt der Vorerbe vom Erblasser (§ 6 Abs. 1 ErbStG). Bei Eintritt der Nacherbfolge liegt erbschaftsteuerrechtlich ein einheitlicher Erwerb als vom Vorerben stammend vor. Die Besteuerungsmerkmale sind grundsätzlich im Verhältnis zur Person des Vorerben anzuwenden.

Auf Antrag ist der Versteuerung das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser zugrunde zu legen (§ 6 Abs. 2 Satz 2 ErbStG).

Haben mehrere Erblasser, hier: Großvater und Großmutter, denselben Vorerben, hier: die Tante, und auf dessen Tod denselben Nacherben, hier: die Klägerin, eingesetzt, steht dem Nacherben nur ein Freibetrag zu. Der Freibetrag richtet sich nach dem Verhältnis zu demjenigen Erblasser, für den es der Nacherbe beantragt. Damit hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit, das für die Gewährung des Freibetrags günstigste Verwandtschaftsverhältnis zugrunde zu legen.

Soweit der Freibetrag für das der Nacherbfolge unterliegende Vermögen nicht ausgeschöpft ist, kann der verbleibende Freibetrag für das eigene Vermögen des Vorerben gewährt werden (§ 6 Abs. 2 Satz 4 ErbStG). Diese Regelung bezweckt, dem Nacherben den Freibetrag zwar nur einmal, aber dafür höchstmöglich zu gewähren.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 01.12.2021, II R 1/20

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