Konkret ist im vorliegenden Fall ein international tätiger Bauleiter betroffen, der bei einem international ansässigen Bauunternehmen tätig war. Dieses unterhält eine Niederlassung in Deutschland, ebenso wurde im Arbeitsvertrag der Niederlassungsort als Einstellungsort festgehalten. Eine Aussage zur ersten Tätigkeitsstätte wurde nicht festgehalten. Dem Bauleiter stand ein Firmenwagen zur Verfügung. Der Sachbezug wurde nach der sog. 0,03 %-Regelung berücksichtigt.
Im Rahmen der Steuererklärung wurden bei den Werbungskosten aus nichtselbstständiger Tätigkeit Kosten für Fahrten zwischen Wohnung/erster Tätigkeitsstätte und Kosten für Verpflegungsmehraufwand geltend gemacht. Mangels Nachweisführung und Bestätigung des Arbeitgebers wurden die Verpflegungsmehraufwendungen vom Finanzamt nicht anerkannt. Im anschließenden Einspruchsverfahren machte der Steuerpflichtige geltend, dass mangels erster Tätigkeitsstätte eine Korrektur der Sachbezugsversteuerung zu erfolgen habe. Diese wurde bisher für das gesamte Kalenderjahr vorgenommen. Das Finanzamt nahm eine erste Tätigkeitsstätte an der Niederlassung an.
Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern entschied jetzt: Wird eine Niederlassung eines international tätigen Bauunternehmens im Arbeitsvertrag als "Einstellungsort" bezeichnet, so ist allein deswegen nicht von einer "dauerhaften" Zuordnung durch den Arbeitgeber i. S. d. § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG zu dieser Niederlassung auszugehen. Die Niederlassung stellt auch dann keine erste Tätigkeitsstätte für den Bauleiter dar, wenn er einem Gruppenleiter dieser Niederlassung zugewiesen ist, er circa einmal wöchentlich an einer Arbeitsberatung sowie einige Mal pro Jahr an sonstigen Besprechungen in dieser Niederlassung teilnimmt und wenn dem Bauleiter zwar ein Büro in dieser Niederlassung zur Verfügung steht, er tatsächlich jedoch den größeren Teil der Schreibtischarbeit außerhalb dieses Büros erledigt.
Das Finanzgericht gab dem Steuerpflichtigen Recht und verneinte das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte, da die Hauptarbeit des Bauleiters auf wechselnden Baustellen stattfindet. Mangels erster Tätigkeitsstätte findet auch die 0,03 %-Regelung keine Anwendung. Die Verpflegungsmehraufwendungen sind ebenfalls zu berücksichtigen.
Fundstelle
Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern, 24.11.2021, 3 K 6/20
Revision eingelegt, Az. des BFH VI R 27/21