Differenzbesteuerung bei anteiligem Recht zum Vorsteuerabzug am Liefergegenstand

Umsatzsteuer

Ist die Differenzbesteuerung auch möglich, wenn ein Teil des Liefergegenstands zum Vorsteuerabzug berechtigt? Was der BFH dazu sagt, lesen Sie hier.

Die Differenzbesteuerung i. S. d.  § 25a UStG ist fester Bestandteil in der Umsatzsteuerpraxis - ob z. B. bei Second-Hand-Läden oder vor allem Gebrauchtwagenhändlern.

Bei dieser Regelung dürfen sog. Wiederverkäufer für die Lieferungen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG von beweglichen körperlichen Gegenständen die Umsatzsteuer aus der Marge (dem Betrag, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt) berechnen, wenn diese Gegenstände an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert wurden und für diese Lieferung Umsatzsteuer nicht geschuldet oder die Differenzbesteuerung vorgenommen wurde.

Der BFH hatte zu entscheiden, ob die Lieferung eines Gegenstands, der teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt hat, auch der Differenzbesteuerung unterliegt (Urteil vom 11.12.2024, XI R 9/23).

Im Streitfall erwarb der Kläger antike Kommoden aus Privatbesitz, restaurierte diese und baute sie durch Aufsatz eines neuen Waschbeckens und ggf. weiterem Zubehör, für das er die Vorsteuer abziehen konnte, zu neuwertigen Waschtischen um. Für den einzigen Liefergegenstand (das neu zusammengesetzte Gesamtprodukt) bestand daher ein anteiliges Recht zum Vorsteuerabzug.

Besteht für den Gegenstand der Lieferung ein anteiliges Recht zum Vorsteuerabzug, ist nach der Rechtsprechung des EuGH die Anwendung der Differenzbesteuerung ausgeschlossen (vgl. EuGH-Urteil Bawaria Motors vom 19.07.2012 - C-160/11).

Der BFH hat den Rechtsstreit dennoch zur Nachholung weiterer Feststellungen an das FG zurückverwiesen, weil es nicht untersucht hatte, ob der Kläger an die Kunden eine bearbeitete Sache geliefert hat oder er zunächst mehrere Gegenstände geliefert und sodann eine sonstige Leistung erbracht hat. Auch haben weder das FA noch das FG tatsächlich festgestellt, welchen konkreten Inhalt die vertraglichen Vereinbarungen des Klägers mit seinen Kunden hatten. Denn der Inhalt der Leistung bestimmt sich nach dem oder den zugrunde liegenden Rechtsverhältnissen.

Auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen konnte der BFH nicht entscheiden, ob das FG zu Recht von der Lieferung eines einzigen, vor der Lieferung an die Kunden bereits bearbeiteten Gegenstands ausgegangen ist, für den die Anwendung der Differenzbesteuerung wegen des (anteiligen Rechts auf Vorsteuerabzug ausscheidet, oder ob die Klägerin 

zunächst mehrere Gegenstände geliefert und anschließend eine sonstige Leistung erbracht hat. Im zweiten Fall wäre die Anwendung der Differenzbesteuerung zumindest auf den Gegenstand bzw. die Gegenstände möglich, der bzw. die die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG erfüllen.

Fazit

Maßgeblich ist die vertragliche Gestaltung und tatsächliche Umsetzung: Wird dem Kunden eine (einheitliche) bearbeitete Sache geliefert - dann ist die Anwendung der Differenzbesteuerung ausgeschlossen, wenn ein Teil zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. Werden dagegen zunächst mehrere Gegenstände geliefert und im Anschluss eine sonstige Leistung erbracht, kann die Differenzbesteuerung auf die Lieferung der Gegenstände angewandt werden, die die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG erfüllen.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 11. Dezember 2024, Az: XI R 9/23

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