BFH: Kein Werbungskostenabzug bei Gesellschafterdarlehen – § 39 AO verdrängt § 15 EStG bei Vermögensverwaltung

Abgabenordnung

Der BFH hat entschieden: Zinsaufwendungen aus Gesellschafterdarlehen an vermögensverwaltende Personengesellschaften sind nicht als Werbungskosten abziehbar. Der Grund liegt in der Bruchteilsbetrachtung nach § 39 AO und damit in der fehlenden Personenverschiedenheit von Gläubiger und Schuldner.

Mit Urteil vom 27.11.2024 – I R 19/21 (BStBl II 2025 S. 501) hat der BFH zur ertragsteuerlichen Behandlung von Gesellschafterdarlehen an vermögensverwaltende Personengesellschaften Stellung genommen. Das Gericht verneinte die Abziehbarkeit von Schuldzinsen als Werbungskosten, soweit Gläubiger und Schuldner personenidentisch sind. Die Entscheidung schließt eine bisher ungeklärte Lücke im Verhältnis zwischen § 15 EStG und § 39 AO und verdeutlicht die Grenzen schuldrechtlicher Beziehungen im Bereich der Vermögensverwaltung.

Die steuerliche Behandlung schuldrechtlicher Vereinbarungen zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter hängt entscheidend davon ab, ob eine Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) oder eine rein vermögensverwaltende Gesellschaft vorliegt.

Während § 15 EStG bei gewerblichen Mitunternehmerschaften die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO verdrängt und damit eine steuerrechtliche Verselbstständigung der Gesellschaft ermöglicht, bleibt bei vermögensverwaltenden Gesellschaften das Transparenzprinzip bestehen. Hiernach sind Wirtschaftsgüter, Forderungen und Verbindlichkeiten anteilig den Gesellschaftern zuzurechnen, soweit eine getrennte Zurechnung erforderlich ist. Eine schuldrechtliche Beziehung zwischen der Gesamthand und ihrem Gesellschafter kann folglich nicht steuerlich anerkannt werden, wenn eine Personenverschiedenheit fehlt.

Im Streitfall hatte eine inländische GmbH & Co. KG, deren allein vermögensmäßig beteiligte Kommanditistin in der Russischen Föderation ansässig war, ein mit 6 Prozent verzinstes Darlehen von eben dieser Gesellschafterin zur Finanzierung eines Mietgrundstücks aufgenommen. Das Finanzamt versagte den Werbungskostenabzug der Zinsen mit der Begründung, das Darlehen sei aufgrund der Bruchteilsbetrachtung steuerlich nicht anzuerkennen.

Der BFH bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung und wies die Revision zurück. Nach der Entscheidung wird § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften nicht durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verdrängt, da letztere Norm ausschließlich auf Mitunternehmerschaften Anwendung findet.

Damit ist die vermögensverwaltende Gesellschaft steuerlich als Bruchteilsgemeinschaft zu behandeln. Folge: Die der Gesellschaft zuzurechnende Darlehensverbindlichkeit ist zugleich dem Gesellschafter anteilig zuzurechnen. Mangels Personenverschiedenheit kommt es zu einer steuerlichen 

Konfusion (Aufhebung von Gläubiger- und Schuldnerstellung). Die Zinszahlungen sind damit weder als Werbungskosten abziehbar noch als Einnahmen aus Kapitalvermögen anzusetzen. Es handelt sich um eine steuerneutrale Einlage.

Die Entscheidung ist von erheblicher Reichweite für die Strukturierung vermögensverwaltender Gesellschaften, insbesondere bei Immobilien-GbRs oder Familiengesellschaften. Werden Finanzierungsmittel durch beteiligte Gesellschafter bereitgestellt, entfällt jeglicher steuerlicher Zinsabzug. Gestaltungen über externe Darlehensgeber bleiben zulässig, sofern die Darlehensbeziehung einem fremdüblichen Drittvergleich standhält und keine mittelbare Beteiligung vorliegt.

Der BFH bekräftigt zugleich, dass § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch nicht analog auf Überschusseinkünfte angewendet werden kann. Die dogmatische Trennung zwischen gewerblichen und vermögensverwaltenden Strukturen wird damit weiter verfestigt.

Fazit

Das Urteil verdeutlicht, dass schuldrechtliche Beziehungen zwischen vermögensverwaltender Personengesellschaft und Gesellschafter steuerlich grundsätzlich unbeachtlich bleiben. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO führt in diesen Fällen zu einer unmittelbaren Zurechnung der Wirtschaftsgüter an die Beteiligten. Für Berater folgt hieraus die Pflicht, Finanzierungsstrukturen auf mögliche Zurechnungsidentitäten zu prüfen. Der Zinsabzug ist nur bei Einbindung außenstehender, nicht beteiligter Darlehensgeber gewährleistet.

Fundstelle

BFH, Urteil v. 27.11.2024 – I R 19/21, BStBl II 2025 S. 501

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