BFH bejaht Schenkungsteuer für Abfindung bei ehevertraglichem Verzicht auf Zugewinnausgleich

Erbschaftsteuer

Wer vor der Ehe Vermögen überträgt, um spätere Unterhalts- oder Zugewinnausgleichsansprüche auszuschließen, riskiert Schenkungsteuer. Der BFH stellt klar: Eine Pauschalabfindung für künftige, ungewisse Ansprüche ist steuerpflichtig – selbst, wenn sie vertraglich ausgehandelt wurde.

Die Gestaltung ehevertraglicher Vermögensregelungen ist ein sensibles Thema, insbesondere dann, wenn hohe Vermögenswerte vor der Eheschließung übertragen werden. Das aktuelle Urteil des BFH zeigt, dass solche Zuwendungen erhebliche schenkungsteuerliche Folgen haben können, auch wenn sie auf vertraglicher Basis beruhen.

Die steuerliche Beurteilung von Vermögensübertragungen im Zusammenhang mit Eheverträgen war bislang umstritten. Während die zivilrechtliche Inhaltskontrolle nach § 138 BGB in Fällen auffälliger Benachteiligung eines Ehegatten zur Unwirksamkeit einzelner Klauseln führen kann, bleibt auf schenkungsteuerlicher Ebene zu prüfen, ob die Übertragung als entgeltlich oder unentgeltlich zu qualifizieren ist. Maßgeblich ist, ob der Verzicht auf künftige Ansprüche als bewertbare Gegenleistung gilt oder nicht. Bereits in den Entscheidungen vom 17.10.2007 (II R 53/05, BStBl II 2008, 256) und vom 01.09.2021 (II R 40/19, BStBl II 2023, 146) hatte der BFH klargestellt, dass der Verzicht auf den künftigen Zugewinnausgleich keine entgeltliche Gegenleistung darstellt, weil die Forderung erst mit Beendigung des Güterstands entsteht.

Thomas hatte mit seiner zukünftigen Ehefrau Julia vor der Eheschließung einen notariellen Ehevertrag geschlossen. Darin wurden der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft modifiziert, der Versorgungsausgleich ausgeschlossen sowie wechselseitige Verzichtserklärungen auf nachehelichen Unterhalt und Hausratsteilung vereinbart. Als Ausgleich verpflichtete sich Thomas, seiner künftigen Ehefrau binnen eines Jahres nach der Eheschließung ein Hausgrundstück zu übertragen, dessen Wert die Parteien mit mindestens 6 Mio. Euro bezifferten. Das Finanzamt setzte nach erfolgter Übertragung Schenkungsteuer in Höhe von 832.713 Euro fest.

Thomas argumentierte, die Übertragung sei Teil eines ausgewogenen Ehevertrags und diene der Vermeidung der Sittenwidrigkeit nach der Rechtsprechung des BGH. Der Verzicht seiner Ehefrau stelle daher eine angemessene Gegenleistung dar. Zudem habe der Vertrag unter anwaltlicher Beratung stattgefunden und beruhe auf einem wirtschaftlich nachvollziehbaren Ausgleich. Das Finanzgericht Hamburg wies die Klage ab, der BFH bestätigte das Urteil.

Der BFH stellt zunächst klar, dass der objektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt ist. Eine freigebige Zuwendung liegt vor, wenn der Empfänger auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird und die Zuwendung objektiv unentgeltlich erfolgt. Der Verzicht auf künftige Ansprüche – gleich ob Zugewinn, Unterhalt oder Hausratsteilung – begründet keine bewertbare Gegenleistung. Nach § 7 Abs. 3 ErbStG sind Leistungen, die nicht in Geld veranschlagt werden können, bei der Feststellung der Bereicherung außer Betracht zu lassen.

Vor Beginn der Ehe sei ungewiss, ob und wann diese endet, ob eine Zugewinnausgleichsforderung entsteht und in welcher Höhe sie gegebenenfalls bestehen würde. Auch ein Unterhaltsanspruch hängt von der künftigen Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit ab (§§ 1569 ff. BGB). Damit fehlt es an der Bewertbarkeit der Verzichtsleistung.

Der Senat grenzt zugleich die sogenannte Bedarfsabfindung ab: Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass der Abfindungsbetrag erst mit Beendigung der Ehe fällig wird und die vertragliche Regelung somit aufschiebend bedingt ist. In solchen Fällen kann eine Bewertung bei Eintritt der Bedingung erfolgen, sodass § 7 Abs. 3 ErbStG keine Anwendung findet. Im Streitfall hingegen erfolgte die Übertragung unabhängig von einer Scheidung, weshalb eine Pauschalabfindung und keine Bedarfsabfindung vorlag.

Auch der subjektive Tatbestand sei erfüllt. Der Kläger habe bewusst unentgeltlich gehandelt, da ihm bekannt war, dass im Zeitpunkt der Übertragung keine konkreten Ansprüche bestanden. Seine Annahme, der Verzicht sei eine Gegenleistung, sei ein unbeachtlicher Subsumtionsirrtum. Die Motive, etwa der Wunsch nach Rechtssicherheit oder der Rat anwaltlicher Berater, ändern daran nichts.

Die Entscheidung führt die Linie der bisherigen BFH-Rechtsprechung konsequent fort. Der BFH trennt zivil- und steuerrechtliche Beurteilung strikt: Selbst, wenn ein Ehevertrag zivilrechtlich nur durch eine Ausgleichszahlung wirksam bleibt, entsteht daraus keine steuerlich relevante Gegenleistung. Das Urteil verdeutlicht den engen Anwendungsbereich des § 7 Abs. 3 ErbStG und bestätigt, dass ungewisse, künftige Ansprüche nicht bewertet werden können.

Praktisch bedeutet dies, dass Vermögensübertragungen im Vorfeld der Ehe regelmäßig der Schenkungsteuer unterliegen, sofern sie nicht an die Beendigung der Ehe geknüpft sind. Gestaltungen über Bedarfsabfindungen bleiben hingegen möglich, erfordern aber eine aufschiebende Bedingung und eine klare Trennung von ehezeitlichen und nachehelichen Regelungen.

Zivilrechtliche Erwägungen, eine Vertragsklausel müsse aus Gründen der Sittenwidrigkeit kompensiert werden, ändern nichts an der schenkungsteuerlichen Beurteilung. Der BFH verweist ausdrücklich darauf, dass der Schutzgedanke des Art. 6 Abs. 1 GG nicht berührt ist, da die Schenkungsteuerpflicht keine wirtschaftlich einschneidende Belastung darstellt und nicht typischerweise Eheleute benachteiligt.

Die vor der Eheschließung vereinbarte Übertragung eines Vermögenswertes an den künftigen Ehegatten als Ausgleich für den Verzicht auf Zugewinnausgleich oder Unterhalt ist schenkungsteuerpflichtig. Eine Gegenleistung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG liegt nicht vor, da die abbedungenen Ansprüche ungewiss und nicht bewertbar sind. Nur wenn eine Abfindung unter der aufschiebenden Bedingung der Ehescheidung vereinbart wird, kann eine steuerfreie Bedarfsabfindung vorliegen.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 09.04.2025 – II R 48/21

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